Der vergessene aktive Schallschutz
Fluglärm über Nauheim und Königstädten

Lärmaktionsplan Hessen (3. Runde)


Regierungspräsidium
III 33.3, Lärmaktionsplanung
64278 Darmstadt

11. April 2023


Lärmaktionsplan, Teilplan Verkehrsflughafen Frankfurt Main


Sehr geehrte Damen und Herren,

mit der Umgebungsrichtlinie hat die Europäische Union ein Konzept festgelegt, den Umgebungslärm zu reduzieren und gesundheitsschädliche Auswirkungen zu verhindern. In Ihrem Haus wird diese Richtlinie mit Lärmkartierung und Lärmaktionsplanung umgesetzt. Ich bitte den folgenden Maßnahmenvorschlag im laufenden Lärmaktionsplan für den Frankfurter Flughafen einarbeiten zu lassen mit dem Ziel einer zeitnahen Realisierung.

1. Beanstandung

Die aktuelle Lärmkartierungs-Hüllkurve am Frankfurter Flughafen missachtet das Ablehnen eines Gesetzesantrages zur Duldung einer Lärmobergrenze durch den Deutschen Bundestag: Damit fehlt der Lärmobergrenze eine Rechtsgrundlage.

Unzumutbaren Umgebungslärm verdeutlicht beigefügte Graphik ‚Eigenmächtige Lärmkartierung‘.

2. Maßnahmenvorschlag

Die Lärmkartierungs-Hüllkurve im Südwesten am Frankfurter Flughafen wieder auf vermeidbaren Fluglärm ausrichten, analog zu ersten Radar-Abflugverfahren:

• Über Wohngebiete per Lärmschutzbereichsverordnung eingeführtes Abflug-verfahren der Südumfliegung, das sogenannte „Lärmobergrenze“-Modell, durch ein

• abseits von Wohngebieten verordnetes Abflugverfahren-25-nach-Süden, sogenanntes „Minimum-Noise-Departure-Routing“, festsetzen lassen.

Im Hessischen Wirtschaftsministerium HMWEVW sowie bei der Deutschen Flugsicherung DFS ist ein entsprechendes Flugverfahren mit neuester GPS-Technologie bekannt, siehe Anhang ‚Umgebungslärm reduzieren‘.

3. Begründungen

• Entscheidung der Bundes-Legislative

Zur eigenmächtig für gültig erklärten Lärmobergrenze am Frankfurter Flughafen plante der Hessische Wirtschaftsminister HMWEVW nachträgliche Rechtssicherheit per Bundesgesetz. Unter einem positiv anmutenden Titel: „Fluglärm mindern, die Menschen in den Flughafenregionen besser schützen“ verbarg sich partiell gravierende Lärm-Erhöhung, Zitat: „Die Lärmobergrenze wird am besten in Form eines Lärmindex eingeführt, der ein Produkt ist aus der Anzahl der Betroffenen und den einzelnen Lärmpegeln, denen diese ausgesetzt sind“. Diesen – lokal Umgebungslärm-Erhöhung duldenden Gesetzesvorschlag – lehnte der Deutsche Bundestag in seiner Plenarsitzung vom 20. Mai 2021 ab.

• Rüge der hessischen Exekutive

Im Rahmen eines Rechtsverfahrens vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof VGH wurden Wohnraumüberflüge durch die Südumfliegung richterlich gerügt mit „willkürlich“ und „unzumutbar laut“. (VGH 9C 323/12.T vom 03. Sept. 2013, RN 74 und 75 und VGH 9C 651/16.T vom 14. Febr. 2019, RN 94).

• Fluglärm ist gestiegen, der Flugverkehr hat abgenommen *)

Hintergrund: Zur Minderung von Fluglärm-Doppelbelastungen durch Anflüge 07 und Abflüge 25 – für im Westen am Flughafen liegende Ballungsgebiete – wurden ab 2011 Abflüge 25 über freies, im Südwesten am Flughafen nicht bebautes Gelände umgeleitet. Dabei galt es ein sicherheitsrelevantes Wirbelschleppen-Staffelungs-Problem zu lösen. Der Grund:

  • Nach erstem Turn am Ende des Flughafengeländes ergeben sich zwei parallel verlaufende Abflugverfahren: Abflüge-25-nach-Süden (Südumfliegung) zu Abflüge-18-West (Folge von winklig zueinander angeordneten Startbahnen…).

Eigenmächtige Problemlösung: Der Bevölkerung im Südwesten wurde eine ‚koordinationsfreie Seitenstaffelung‘ aufgezwungen mit Wohnraumüberflügen. Das verantwortliche Wirtschaftsministerium stellte die Region vor vollendete Tatsachen und informierte: „Aus Sicherheitsgründen wird der unabhängige Betrieb der Südumfliegung zu Abflügen 18-West erforderlich“ (die „koordinationsfreie Staffelung“).

Faktenlage: Zu einem Anstieg der prognostizierten Flugbewegungen auf 701.000 Flugbewegungen ist es im Zieljahr 2020 nicht gekommen (siehe Anhang ‚Über-kapazitäts-Desaster‘*)) …Diese Verkehrszahlen waren aber im Jahr 2000 signifikante Entscheidungsgrundlage für das spätere Lärmobergrenze-Modell.

Doch die höchste Verkehrsdichte trat bislang im Jahr 2007 auf… alle Flug-bewegungen am Flughafen wurden damals grundsätzlich abhängig (gestaffelt) betrieben.

Vor diesem Hintergrund drängt sich – bei der gegebenen und zu erwartenden*) Verkehrsdichte – der abhängige Betrieb von Abflügen-25-nach-Süden zu Abflügen-18-West als ausgewogener Maßnahmenvorschlag auf.

*) Geschäftsmodell Kurzstreckenflüge: Das Ausdünnen des „klimaschädlichsten Verkehrsmittels“ wird gefordert und auch von Politikern auf Bundes- und EU-Ebene forciert. Der Anteil hoher Verbräuche in Start- und Landephasen belastet auf kurzen Entfernungen die Immissionen überproportional pro Flugkilometer bei Kurzstrecken-flügen. Folgerichtiger Appell: „Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagern“.
Ein erstes Beispiel kommt aus Frankreich. Bestimmte innerfranzösische Kurzstrecken-Flüge wurden bereits verboten. Weitere Verbindungen werden sukzessive keine Genehmigung mehr erhalten: Das Kurzstrecken-Verbot basiert auf einem französischen Klimaschutzgesetz und ist – nach bereits erfolgter Überprüfung – auch mit Europäischem Recht vereinbar.

Mit freundlichen Grüßen

Horst H. Walter


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Eigenmächtige Lärmkartierung